Früher hat Frank Müller als Logistikleiter eines Abfuhrunternehmens mit den Vertretern des Müllabfuhrzweckverbandes Biedenkopf (MZV) harte Verhandlungen geführt, wenn es um die Vergabe der Müllabfuhr ging. Nun wechselt der 60-Jährige die Seiten, wird Auftraggeber statt -nehmer und zum 1. August neuer Leiter der MZV-Geschäftsstelle in Breidenbach.

Ganz leicht gefallen sei ihm dieser Schritt nicht, sagt der Wahl-Gladenbacher, der in Ewersbach geboren wurde, lange in Dillenburg lebte und sich nun als Hinterländer fühlt. Fast 40 Jahre war er im Prinzip für das gleiche Unternehmen tätig, das im Zuge von Umstrukturierungen und Übernahmen sich immer wieder veränderte. Und diese Konzernstrukturen führten letztlich auch dazu, dass er noch mal den Neuanfang wagen wollte.
Was es allerdings nur bedingt ist. Denn den MZV und viele Mitarbeiter des Breidenbacher Büros kennt er schon lange. Bevor er sich bewarb, hörte er sich dort um. „Wir würden uns freuen, wenn du kommst“, hätten ihm einige Angestellte gesagt – und so entschied er sich zur Bewerbung.

Viele Jahre war sein früherer Arbeitgeber, die Firma Suez, vom MZV mit der Müllabfuhr im Verbandsgebiet beauftragt. Vor vier Jahren unterlag das Unternehmen in der Ausschreibung der Firma Knettenbrech+Gurdulic – eine bittere Erfahrung, gibt Müller zu, sagt aber auch: „Ich finde es spannend, nun die Sicht des Auftraggebers zu haben.“

1983 begann er beim Müllabfuhr-Unternehmen Fritz in Ewersbach. Die Firma wurde größer, Frank Müller wurde erst Niederlassungs-, dann Logistikleiter und war zuletzt für einen großen Bereich zuständig und zusätzlich kommissarischer Niederlassungsleiter.

„Herzlich Willkommen beim MZV“ – Frank Müller wird die Stelle des Geschäfsstellenleiters am 1. August antreten.

„Es war mein erstes Vorstellungsgespräch“, verriet der 60-Jährige bei seiner Vorstellung. Die Entscheidung sei direkt nach dem Bewerbungsgespräch einstimmig auf ihn gefallen, sagte Breidenbachs Bürgermeister Christoph Felkl (SPD), Vorsitzender des Verbands. Er dankte Müllers Vorgängerin Anja Reichel, die unter anderem die Neuaufnahme von Münchhausen und Neustadt in den MZV betreut hatte.

Mit der langjährigen Erfahrung Müllers soll die Neuausschreibung der Müllabfuhr gelingen und langfristig ein Nachfolger aufgebaut werden. „Uns ist klar, dass das kein Arbeitsverhältnis für die nächsten 20 Jahre wird“, sagte Christoph Felkl. Aber zum jetzigen Zeitpunkt sei Frank Müller der Richtige, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. „Wir kaufen uns unheimlich viel Kompetenz ein.“
Wie genau die Ausschreibung aussehen wird, ist offen. Klar ist: Die Kosten steigen, etwa für Personal, Treibstoff und Entsorgung durch die Abfallwirtschaft Lahn-Fulda. Im Gegenzug würden gerade hohe Erlöse durch Altpapier erzielt, sodass eine Prognose schwierig sei, sagte Christoph Felkl. „Es gibt globale Herausforderungen, auf die wir als kleiner Verband keinen Einfluss haben.“ Frank Müller betonte, er wolle bei den Verhandlungen um die Ausschreibungen „das Bestmögliche für den Bürger herausholen.“

Verband hat 38.000 Kunden

Viele Abfallverbände strebten einen Wechsel zu emissionsfreien Müll-Lastwagen an, sagte der neue Leiter. Für das Verbandsgebiet des MZV halte er das nicht für umsetzbar, weil sich die Kosten enorm erhöhen würden.

MZV-Sprecher Timo Leischner dankte Christoph Felkl für dessen Arbeit während der Vakanz. Felkl hatte in dieser Zeit die Verwaltungsaufgaben des Verbandes teilweise mitübernommen. Der MZV hat in seinen 15 Mitgliedskommunen in Marburg-Biedenkopf 38.000 Kunden, insgesamt wird der Müll von rund 107.000 Menschen abgeholt.

Den Weg ins Büro will Frank Müller möglichst oft mit dem Fahrrad zurücklegen – dafür hat er sich eigens ein Elektrorad gekauft und zu Hause eine solarbetriebene Ladestation installiert.

Eine weitere Leidenschaft gehört der Musik: Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ist Müller als Gitarrist und Sänger oft bei Veranstaltungen zu sehen und zu hören. Die 1960er- und 70er-Jahre haben es ihm besonders angetan. Und seit zweieinhalb Jahren ist er stolzer Großvater.