Gesehen hat sie sicherlich jeder schon einmal – angeboten werden sie derzeit in nahezu jedem Supermarkt. Die Rede ist von Sammelbeuteln aus Kunststoff, die man ohne Bedenken im Biomüll – bei uns also in der grünen Tonne bzw. über den Kompost – entsorgen könnte. Doch ein bisschen skeptisch wird man schon, wenn man die Beutel dann tatsächlich einsetzt. Oft hat man noch Hemmungen, diese dem Biomüll zuzuführen – und dies hat durchaus seine Berechtigung.

Generell sind Biokunststoffe derzeit ein hochaktuelles Thema, vor allem in Diskussionen um Klimawandel, Umweltschutz und umweltbewusstem Verhalten. Während letztgenanntes bei der Bevölkerung zunehmend wächst, entstehen damit auch Marktlücken, die von der Industrie schnell mit neuen Produkten geschlossen werden. Ähnlich verhält es sich bei den grünen Sammelbeuteln.
Was wirklich wichtig ist und man beim Einsatz solcher Beutel, auch für den Landkreis Marburg-Biedenkopf, unbedingt beachten sollte, lesen Sie im folgenden Beitrag.


Biokunststoffe – ein paar Fakten in Kürze

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Biokunststoffen:

  • Biobasierte Kunststoffe: Diese Kunststoffe werden (teilweise) aus Biomasse (z. B. Mais oder Zuckerrohr) hergestellt und sind nicht zwingend biologisch abbaubar.
  • Biologisch abbaubare Kunststoffe: Sie zersetzen sich nur unter bestimmten Bedingungen zu Kohlendioxid und Wasser, sind jedoch nicht zwingend biobasiert.

Beide Arten unterscheiden sich also generell in ihrem Herstellungs-, als auch Verfallsprozess. Angaben zur biologischen Abbaubarkeit bzw. Kompostierbarkeit liefern die Europäischen Normen EN 13432 und EN 14995 aus dem Jahr 2000. In diesen Normen ist klar geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Biokunststoff mit den entsprechenden Siegeln versehen werden darf.

Darf man die biobasierten Kunststoffe über die Biotonne entsorgen?
Nur, wenn die Beutel zertifiziert (EN 13432 oder EN 14995) sind, überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurden (biologische Abbaubarkeit gegeben) und wichtig: vom jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Behandlungsanlage des Bioabfalls zugelassen sind.
Wiederum anders verhält es sich bei biologisch abbaubaren Verpackungs-Kunststoffen: Diese gehören in den Gelben Sack bzw. die Gelbe Tonne, denn die Lizenzierungspflicht der Hersteller umfasst in diesem Fall auch Biokunststoffe.
Ab November 2023 sollen die Biomüll-Sammelbeutel aus biologisch abbaubaren Kunststoffen ein Keimlingssymbol tragen, um sie als solche erkennen zu können.

Für den privaten Kompost gilt: Eine Entsorgung der Sammelbeutel ist nicht zu empfehlen, da im hauseigenen Kompost nicht die nötigen Temperaturen zum Abbau entstehen, wie dies z. B. bei einem industriellen Kompostierungsprozess der Fall ist. Darüber hinaus ergibt sich aus diesen Kunststoffen kein positiver Effekt für den Kompost.


Wie verhält es sich nun mit den grünen Sammelbeuteln im Landkreis Marburg-Biedenkopf?

Biokunststoffe sind im Landkreis Marburg-Biedenkopf nicht über die Biotonne zu entsorgen, sondern über den Restmüll.
Die Abfallwirtschaft Lahn-Fulda schließt alle diese Beutel, ebenso wie alle Produkte aus biologisch abbaubaren Kunststoffen im Verbandsgebiet aus. Der Hintergrund ist folgender: Die Biokunststoffe werden im Verwertungsprozess im Biomassezentrum in Stausebach nicht schnell genug abgebaut. Darüber hinaus sind sie nur unzureichend von herkömmlichen Kunststoffen oder nicht entsprechend zertifizierten Biokunststoffen unterscheidbar und müssen somit mit Mehraufwand aussortiert werden. Dies ist in den meisten Kompostieranlagen der Fall. Auch in Vergärungsanlagen sind sie ungern gesehen, da sie kaum vergären.

Eine Kompostierung im heimischen Garten ist aus oben genannten Gründen ebenfalls nicht zu empfehlen.


Gibt es eine Alternative zu den Biokunststoff-Beuteln?

Die beste Alternative ist, Biokunststoffe gar nicht erst zu verwenden. Stattdessen gibt es in jedem Haushalt kostengünstige Alternativen, z. B. Zeitungspapier. Dieses kann man entweder am Tonnenboden ausbreiten oder, vor allem auch bei kleineren Gefäßen, wie z. B. Bio-Vorsortierern, zu einem eigenen Behältnis falten, welches man dann in das Gefäß gibt. Das Zeitungspapier saugt die Feuchtigkeit auf und verhindert das Festkleben der Abfälle an Seitenwänden und am Tonnenboden.

Fertige Papiertüten aus dem Handel zu verwenden, erscheint zunächst sinnig, denn damit umgeht man zumindest die Unannehmlichkeiten, die Biokunststoffe mit sich bringen. Jedoch sollte man auch hier aufpassen: Denn es macht keinen Unterschied, ob man vorgefertigte Papier- oder Kunststoffbeutel verwendet. Hintergrund ist der Produktionsprozess der Papierbeutel aus Fasern, denn hier wird sehr viel Wasser verbraucht, was wiederum schlecht für die Ökobilanz ist. Zumindest aber können diese Papierbeutel über die Grüne Tonne entsorgt werden.

Es bleibt festzuhalten: So grün, wie die Biokunststoff-Sammelbeutel daherkommen, sind sie leider nicht. Verschiedene Inhaltsstoffe der Beutel und damit unterschiedliche Verfallsprozesse verkomplizieren eine eindeutige Zuordnung. Was im Grundgedanken zunächst sicherlich richtig erschien, nämlich biologisch abbaubare Beutel anzufertigen, ist leider noch nicht ausgereift und flexibel genug, sich an die angedachten und oft regional variierenden Entsorgungswege anzupassen. Hier gilt es im Besonderen, die jeweiligen Zertifizierungen und kommunalen Vorgaben zu beachten. Alternativlos und seit Jahren bewährt steht hier das Zeitungspapier, welches man nach Belieben anpassen und mit in den Bioabfall geben kann.