Am Mittwoch, 13. September 2023, stand für einige Betreute (/Mitarbeiter) der Hinterländer Werkstätten ein besonderes Event an. Normalerweise gehen diese in ihren Werkstätten verschiedenen Tätigkeiten nach – Sie arbeiten in der Schreinerei, Metallgruppe, Hauswirtschaft oder unterschiedlichen Montagegruppen. Hier montieren sie zum Beispiel diverse Schalter und Kabel für landwirtschaftliche Maschinen, Befüllen derzeit Weihnachtskalendern oder kümmern sich um das Aktenordner-Recycling.

Gerade letzteres war dann auch für den an diesem Tag geplanten Papierschöpf-Workshop interessant. Die Ordner werden vor Ort in ihre Bestandteile zerlegt, die Ordnerdeckel in Schreddern zu kleinen Papp- und Papierschnipseln zerkleinert und anschließend durch eine Rohranlage direkt in Auffangbehälter geblasen. Ebendiese Schnipsel brachte Betreuer Jens Stark in einem Karton zum Kurs mit und lieferte damit eine Steilvorlage für den ersten Schritt zur eigenen Herstellung von Recycling-Papier.

Denn zunächst begannen die Teilnehmer in Zweiergruppen, alte Zeitungen in kleine Schnipsel zu zerreißen und in das Wasser zu geben. Die aufgeweichten Schnipsel wurden daraufhin in der Wanne mittels eines Mixstabes weiter zerkleinert, um daraus die sogenannte „Pulpe“ herzustellen.
Jetzt kam der zweiteilige Schöpfrahmen zum Einsatz, der behutsam ins Wasser getaucht und erst nach einiger Zeit langsam wieder herausgenommen werden darf. „Hier kommt es auf das richtige Timing an – denn hebt man den eingetauchten Rahmen zu schnell aus dem Wasser, verteilen sich die Fasern überall, bleiben allerdings nicht im Gitter des Rahmens liegen.“, verrät Timo Leischner vom Müllabfuhrzweckverband Biedenkopf (MZV). Entsprechend vorsichtig nahmen die Teilnehmer die Rahmen aus der Wanne, um dann das überschüssige Wasser abtropfen zu lassen. Im Rahmen zurück blieb nun das erste geschöpfte Blatt Papier – insgesamt wollte jeder Teilnehmer mindestens ein eigenes Blatt produzieren.

Nun wurde das noch nasse Blatt auf ein Tuch übertragen und in Zeitungspapier eingewickelt. „Das sieht aus wie ein Geschenk.“, so eine Teilnehmerin treffend. Das „Geschenk“ wurde in einem nächsten Schritt zwischen zwei Holzplatten gelegt und die übrige Flüssigkeit mittels Körpergewicht herausgepresst – sprich, man musste sich dafür auf die Bretter stellen. Schnell hatten die Teilnehmer unter sich ausgemacht, wer diese Aufgabe dauerhaft übernehmen sollte.

 

Auf einem Rolltisch liegen die auf Tüchern trocknenden geschöpften Blätter.

Die geschöpften Blätter müssen ein bis zwei Tage trocknen.

In einem letzten Schritt wurden die Päckchen ausgepackt und die Blätter zum Trocknen auf einem Rollwagen ausgelegt. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen, viele Teilnehmer wollten die geschöpften Blätter direkt mitnehmen. „Sie sollten noch ein, zwei Tage trocknen, aber dann könnt ihr Sie mitnehmen oder weiter bearbeiten.“ Tatsächlich war letzteres auch der Wunsch der Teilnehmer – schon wurden verschiedene Pläne geschmiedet, wie man die Blätter weiter veredeln könnte – vom Lesezeichen hin zu Grußkarten war alles dabei. Viele nutzten schließlich das geschöpfte Blatt als eine Art Rahmen, um darauf Bilder zu kleben (zu sehen im Titelbild dieses Artikels).

Mit Blick auf die geschöpften Blätter lobte Leischner das Engagement und den Teamgeist der Teilnehmer: “ Ihr könnt stolz auf euch sein – wie geplant, hat jeder bzw. jede von euch minimum ein eigenes Blatt Papier geschöpft.“ Dass dieses Ziel sogar übertroffen wurde, zeigt, wieviel Spaß alle an der Aktion hatten – manch einer schöpfte soviele Blätter, dass die Pulpe am Ende zu dünn war, um weitere Blätter herzustellen. Auch Jens Stark bedankte sich für das gelungene Event. Schnell wurde man sich einig, dass dieses auch im kommenden Jahr wieder durchgeführt werden solle – diesmal zusätzlich mit dem Papiergießen: Mittels Löffel werden hierbei bunte Papierfasern auf die Schöpfrahmen aufgetragen. So entstehen bunte, kreative Kunstwerke – „…und Kreativität ist eine absolute Stärke der Teilnehmer – ich freue mich darauf.“, so Leischner.