Rund 3000 Menschen sind im Landkreis unterwegs / Asbestplatten, Reifen und Fußbodenbeläge illegal entsorgt

Wenn jeder nur ein bisschen mehr auf sein eigenes Handeln achten würde, wären Tage wie der vergangene Samstag überflüssig. An dem waren nämlich wieder rund 3000 Menschen im Landkreis Marburg-Biedenkopf unterwegs, um den Müll aufzusammeln, den andere achtlos in Feld und Flur geworfen haben.

Was die Freiwilligen der Aktion „Sauberhafte Landschaft“, zu der der Müllabfuhrzweckverband aufgerufen hatte, teilweise zutage förderten, ließ sie nur ungläubig mit dem Kopf schütteln: Neben allerlei Verpackungsmüll und leeren Flaschen, die vorzugsweise die Straßengräben füllen, stießen sie im Wald auch auf Schuhe, alte Autoreifen, Fußbodenbeläge und sogar Windschutzscheiben.

„Man versteht einfach nicht, wie Menschen so etwas machen können“, sagte Volker Müller, der in Lixfeld mit anderen ausgeschwärmt war, um derartige Müllsünden zu beseitigen. Besonders schlimm war es entlang des Gansbachs, aus dem die Helfer haufenweise Styropor und Plastikabfälle fischten. „Wobei man da vielleicht noch nicht mal jemandem einen Vorwurf machen kann“, sagte Müller. Dieser Müll könnte auch vom Wind in den Bach geblasen und dann fortgespült worden sein.

Anders sehe es an jenen Stellen aus, die offensichtlich aus Gewohnheit verschmutzt würden, wie Müller betonte. „Es gibt Plätze, da finden sich immer wieder dieselben Abfälle: Bonbonpapierchen an Ruhebänken oder Schnapsflaschen an beliebten Treffpunkten.“ Es könne doch nicht sein, dass es ausgemachte Müllplätze in der Natur gebe.

Auch die Raucher sollten sich seiner Meinung nach einmal Gedanken darüber machen, was sie der Natur antun. „Überall im Ort und auch außerhalb haben wird Zigarettenstummel gefunden. Das Schlimme ist ja, dass diese noch Giftstoffe enthalten, die dann ins Wasser gespült werden.“

Dass die Skrupellosigkeit der Müllsünder offensichtlich keine Grenzen kennt, haben die Sammler der Biedenkopfer Burschen- und Männergesellschaft Oberstadt erfahren müssen. Auf dem Parkplatz am Ortsausgang Richtung Eckelshausen entdeckten sie in einer Hecke und flüchtig mit Erde bedeckt ganze Asbestplatten. Hier hat sich jemand offensichtlich die Entsorgungskosten sparen wollen – auf Kosten der Natur, die durch solche Abfälle belastet wird.

Asbestplatte liegt auf Erdhügel im Gebüsch

Das Bruchstück lässt es vermuten – unter der Erde liegen noch weitere Asbestplatten.

In Niederhörlen haben Kinder ganze Bahnen an PVC-Belägen aus dem Wald geholt – so groß, dass sie selbst sie gar nicht tragen konnten. Auch Elisabeth Müller, Jugendpflegerin in Breidenbach, staunte darüber, was bei ihrer Sammelaktion allein in der Bahnhofstraße hinter den Einkaufsmärkten zusammenkam. Obwohl die Schule bereits während der Woche fleißig gesammelt hatte, trugen sie noch einmal mehrere Müllsäcke zusammen. „Das Schlimme ist, dass sich in Breidenbach niemand außer uns für die Aktion angemeldet hat“, sagte Müller. Es sei schon beschämend für die Erwachsenen, wenn sich die Kinder um deren Müll kümmern müssten – aber irgendwie auch bezeichnend.

Aktion findet jetzt alle zwei Jahre statt

Volker Müller plädiert indes dafür, zu versuchen, diese Unmengen an Müll erst gar nicht entstehen zu lassen. Da könnten sich zum Beispiel auch die Kommunen einmal an die eigene Nase fassen, betont er und verweist auf die Hydrantendeckel, die im Herbst üblicherweise mit Plastikfolien gegen das Zufrieren abgedichtet werden. „Diese Folien zerschleißen und zerreißen natürlich und fliegen dann in der Natur rum. Dabei gäbe es auch dauerhafte Lösungen zum Schutz der Hydranten“, erklärte er. Es müsse eben nur gewollt sein.

Timo Leischner, stellvertretender Geschäftsführer des Müllabfuhrzweckverbands, hat sich am Samstag in vielen Orten selbst ein Bild vom Engagement der Sammler gemacht und ist froh, dass sich trotz Corona wieder so viele Freiwillige daran beteiligt haben. Er teilt aber auch die Einschätzung vieler Sammler, dass Tage wie dieser leider nötig sind, um des Mülls Herr zu werden, der da in der Natur rumfliegt. Deswegen hat der MZV beschlossen, den Rhythmus für den Aktionstag von drei auf zwei Jahre zu verkürzen. Das sei nicht nur nötig, um den Müll aufzusammeln, sondern auch um in den Köpfen der Menschen präsenter zu sein und ihnen bewusst zu machen, dass es zum Problem für alle wird, wenn Müll einfach in der Natur entsorgt werde.

Beitrags- und Bildveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Sascha Valentin.